Guten Morgen, liebe Leser!

Einen guten Start in die neue Woche! Ich hab heute frei. Auch schön so kurz vor dem Fest! Es gibt viel zu tun. Packen wirs an!

Und weiter gehts mit Lillys Brief. Viel Freude an der, für mich doch sehr überraschenden Antwort des Weihnachtsmannes, und natürlich am sensationellen Ruckzuck-Lebkuchen-Rezept von Gertraud.

Der Brief an den Weihnachtsmann, Teil 2

🌲🎅🌲

November 2003

Lilly nahm den Umschlag vorsichtig auf und öffnete ihn:

Mein liebes Kind!

Ich weiß, dass es Dir nicht so recht sein wird, in Deinem doch für Menschenverhältnisse relativ hohem Alter noch als Kind bezeichnet zu werden, aber ich sehe alle Menschen, die ich zu betreuen habe, als meine Kinder an.

Ebenso, wie es auch alle Eltern machen, die ihren Kindern nie zugestehen, erwachsen zu werden, obwohl diese schon mehr als die Hälfte ihres Lebens hinter sich gelassen haben.

Es ist nicht böse, sondern vielmehr sehr liebevoll gemeint, und es ist sehr schade, dass die meisten “erwachsenen Kinder” ein wenig allergisch darauf reagieren, als Kinder bezeichnet zu werden. 😏

Es geschieht nicht mehr sehr oft, dass ich beim Lesen eines Wunschzettels zu Tränen gerührt werde. Zumeist handelt es sich bei den mir zugesendeten bzw. von mir abgeholten Wünschen um sehr materialistische Dinge, wie zum Beispiel – in der Kinderwelt unter zwölf Jahren – Videospiele mit Alien-Vernichtungssystemen oder – bei den Erwachsenen – die Verfügbarmachung eines Autos (gerne Mercedes oder BMW) oder eines Hauses oder gar die Erhöhung des Kreditlimits bei ihrer Hausbank.

Du siehst, es ist nicht so unüblich dass auch Erwachsene mir ihre Wünsche mitteilen.

Nicht, dass ich diese Art von Wünsche verurteilen würde. Nein, auch ich kann mich mittlerweile nicht mehr dem Trend der Zeit entziehen und habe materialistische persönliche Wünsche, wie zum Beispiel den nach einem vollautomatischen Lockendreher für mein wallendes Haar oder den nach einem Spezialbartstutzer der garantiert ohne Kraftaufwand zu bedienen ist. 😬

Nein, das ist es nicht!

Und es ist auch nicht so, dass es keine Wünsche mehr gäbe, die einen nicht-materialistischen Charakter hätten. Da gibt es schon viele ernst gemeinte Anliegen, die sich um die Rettung der Welt, das Ende aller Kriege und viele andere wesentliche Dinge drehen, die das Schicksal einzelner oder vieler Menschen betreffen.

Und das Überraschende dabei ist, dass all diese Wünsche von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen geäußert werden.

Ganz im Vertrauen möchte ich Dir nun mal sagen, dass ich mich dabei immer frage, ob es Wünsche sind, die durch die Kinder von den Eltern, oder durch die Eltern von den Kindern übernommen werden.

Und ehrlich gesagt, bin ich mir auch nicht so sicher, ob diese – doch recht allgemein gehaltenen – Wünsche nicht in letzter Konsequenz Resultate von zielgerichteten Werbekampagnen sind.

Und, man täusche sich nicht:

Auch der Weltfrieden liegt bestimmten Teilen der Werbetreibenden durchaus am Herzen. Wenn schon nicht der wahre Weltfrieden, so doch der Wunsch des Weltfriedens in den Köpfen der Menschen, über den dann bestimmte Kinofilme oder sonstige Kitschartikel an den Mann, beziehungsweise an die Frau, gebracht werden können. 😅

Auch das bitte ich jetzt nicht falsch zu verstehen. Der Weltfrieden an sich ist ein schönes Ziel. Und all denen, die sich diesen wirklich von Herzen wünschen, bin ich zutiefst verbunden. Aber ich kann einfach aus den vielen vielen diesbezüglichen Einsendungen nicht mehr die wahren Motive herausfiltern, und leider ist es auch so, dass man ein wenig abstumpft, wenn man immer so undifferenzierte Allgemeinplätze lesen muss. 😍

Manche dieser Anliegen sind durchaus ein wenig ausgeschmückt, und sie rühren mich dann auch immer zu Tränen. Aber sie haben eine vollständig andere Qualität als diejenigen in Deinem Wunschzettel.

Ich will es Dir ganz offen sagen (wenn Du es bitte nicht weiter verrätst): Dein Wunschzettel hat mich nicht nur zu Tränen gerührt, er hat mich zum Weinen gebracht!

Ja, Du liest ganz richtig: Ich habe bitterlich geweint, und ich musste mich sehr weit in mein Kämmerlein zurückziehen, damit meine Mitarbeiter, die Weihnachtszwerge, dieses nicht mitbekamen.

Es ist traurig aber wahr: selbst in der noch immer vorhandenen Oase der Weihnachtsfabrik kann man es sich kaum noch leisten, zu große Schwächen zu zeigen. Es gibt garantiert schon einen Weihnachtszwerg, der bereits am Stuhlbein des Weihnachtsmanns herumsägt. 😔

Warum ich so geweint habe?

Weil ich mich so sehr in Deine Wünsche hinein denken konnte!

Jeder Einzelne von ihnen hat mein Herz zutiefst berührt und entsprach auch meinen Wunschvorstellungen. Wenngleich ich an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch ein klein wenig anders gedacht hätte:

Warum sollte z. B. Cindy nicht ganz aus dem Haus deines Liebsten ausziehen und zusammen mit ihrem Freund andere Menschen, die das zu würdigen wissen, beglücken?! 😅

Oder warum sollten Deine Nachbarn in der Wohnung unter Dir in der Lotterie gewinnen? Wäre es da nicht viel angenehmer, wenn Dein Liebster gewänne und einen angemessenen Teil deinen Nachbarn für die gedachten Zwecke zukommen ließe?! 😬🤣🤣🤣

Aber das sind letztlich alles Marginalien.

Und es macht mich auf der einen Seite sehr glücklich, dass sich ein Mensch all diese ziemlich selbstlosen Gedanken macht (denn weil ich Dich schon lange beobachte, weiß ich, dass es Dir wirklich mehr auf die Anderen, als auf die Effekte ankommt, die Dich selbst betreffen), aber auch zutiefst traurig, weil ich Dir nicht die Antwort schicken kann, die Du Dir wahrscheinlich wünschst.

Was mich daran hindert, all Deine Wünsche zu erfüllen?

Nun, es ist so, dass meine Macht – im Gegensatz zu dem, was die meisten Menschen im Allgemeinen annehmen – sehr begrenzt ist.

Einige Dinge kann ich regeln, andere nicht. Und leider kann ich Dir auch nicht sagen, welche Dinge ich genau regeln kann und welche nicht, weil ich es vorher selber oft nicht weiß. Wäre es anders, würde ich nämlich alle GUTEN Wünsche, die mir zugesendet werden, erfüllen.

Denn wisse: Ich habe ein gutes und großes Herz! 😍

Nein, es ist so, dass da noch jemand ist, der über mir steht, und der viel mehr Macht hat, als ich. Ob der wiederum alles im Detail regeln kann, weiß ich leider auch nicht. Ich vermute jedoch, dass auch er es nicht kann, denn sonst würde er es tun, weil ich weiß, dass sein Herz noch weitaus größer als das meine ist.

Andererseits kann es aber auch sein, dass er viel mehr weiß als ich, und deshalb manche Dinge ganz bewusst und absichtlich so geschehen lässt, wie sie geschehen, auch dann wenn sie den Beteiligten sehr weh tun.

Sie geschehen dann wohl, weil sie so geschehen müssen, damit andere Dinge, die alles letztendlich zum Guten führen, überhaupt passieren können.

Ja, daran glaub ich, kleiner und wenig mächtiger Weihnachtsmann wirklich mit ganzer Seele:

Nichts auf dieser Welt geschieht umsonst! Und alles ist für etwas Gutes gut! 😍

Und deshalb bitte ich Dich, Dich an die Geschichte mit den beiden Spuren im Sand zu erinnern. Derjenige, der unsere Schritte so weit lenkt, wie er kann, sagt zum Schluss dieser Erzählung sinngemäß:

“Wisse mein Kind: In all den Zeiten Deiner größten Not und Deiner härtesten Prüfungen warst Du nicht allein. Du siehst lediglich deshalb nur ein einziges Paar Spuren, weil ich Dich in diesen Momenten getragen habe!”

Liebe Lilly, fühle Dich daher in all Deinen Wünschen auch von mir getragen! 😘

Ich will und werde Dich so weit und so stark tragen, wie es meine Kraft und Macht erlauben. Dort wo ich es nicht schaffen sollte, sei versichert, dass es dann auch noch einen Sinn hat, dass ich es nicht schaffe oder geschafft habe.

Verzweifle NIEMALS und vertraue auf die Hände, die Dich wiegen und schützen!

Und um noch etwas bitte ich Dich, Lilly: Hilf all Deinen Freunden, denen Du Gutes wünscht, mit, dass sie auch all das verstehen, was ich Dir in diesem Brief versucht habe nahe zu bringen.

Und hilf mir, indem Du Dir selbst hilfst; mit oder ohne die Hilfe anderer. Ich weiß, dass Du es schaffen kannst! Denn wenn Du es nicht schaffst, schafft es wohl kaum einer.

In Dir ruhen Kraft und Güte! Lass sie niemals verkümmern!!! 😘

Zu guter Letzt lass mich noch eines anmerken: Ich freue mich sehr darüber, dass Du mich nach so langer Zeit wieder gefunden hast. Welcher Umstand auch immer dazu beigetragen hat, dass wir uns wieder begegnet sind, wir sollten ihm beide zutiefst dankbar sein.

Denn ich war niemals fort. Ich war stets an Deiner Seite. Du hast mich nur nicht gesehen!

So wie mich viele andere Menschen oft über lange Zeit nicht sehen können! Wenn Du dem einen oder anderen von Ihnen bitte helfen würdest, dass auch sie mich wieder sehen können?!

Nichts würde mich glücklicher machen! 😘

Und ich hoffe sehr, dass auch Du diese wichtige Lektion gelernt hast:

Nämlich, mich niemals wieder zu vergessen oder zu übersehen! Auch nicht in Deinen harten Zeiten! Denn der Weihnachtsmann braucht seine Kinder. Ebenso, wie die Kinder ihren Weihnachtsmann brauchen.

In der Hoffnung, dass ich auch im nächsten Jahr einen Wunschzettel von Dir erhalte, und dass dieser hoffentlich keinen der Wünsche von diesem Jahr mehr enthält, weil sie alle positiv in Erfüllung gegangen sind, verbleibe ich, mit ehrlicher Hochachtung.

Dein, und Euer aller

Weihnachtsmann in Bines Thermi-Welt…🎅

© Ralf Theinert/Sabine Hömberg 2003

Rezept: Ruck-Zuck Lebkuchen